Der Test diente dazu, zu prüfen, ob es mit dem mobilen Pferdflüsterer möglich ist, ein sog. Problempferd in vertretbarer Zeit auszubilden. Hier nun die Ergebnisse:
C., ein vom Veterinäramt konfisziertes Problempferd (eine 14-jährige ehemalige Zuchtstute ohne Papiere) wurde nach einem halben Jahr in Obhut des Veterinäramtes am Sonntag, 02.02.2014 in einen Reitstall in meiner Wohnortnähe gebracht und am 04.03.2014 wieder abgeholt. Sie habe einen Beckenbruch gehabt und es sei schwierig, etwas an ihren Hufen zu machen. Darüber hinaus sei mit ihr noch nie etwas gearbeitet worden und ihre Vorgeschickte läge im Dunklen, erfuhr ich bei der Übergabe.
Beschreiben lässt sich C. als recht große und dominante Schimmelstute ohne jegliches Training mit viel zu langen und zudem ausgebrochenen Hufen. Ich war sehr gespannt, was wir in vier Wochen mit Hilfe des mobilen Pferdeflüsterers erreichen können.
In der ersten Woche unserer gemeinsamen Arbeit drehte C. mir generell das Hinterteil zu, wenn ich zu ihr in die Box kam. Sie war noch sehr unsicher sowie misstrauisch und wusste nicht so recht, was sie von dem Ganzen halten sollte.
Wir arbeiteten jeden Tag mit einer zu ihrem Zustand und unserer gemeinsamen Arbeit passenden Audiodatei des mobilen Pferdeflüsterers. Zu Beginn setzte ich eine spezielle Audiodatei ein, die das Lernen und die Konzentration unterstützt. Wenn C. sich vor neuen Aufgaben fürchtete, gab es eine Audiodatei, die gegen Angst hilfreich ist, wenn es nötig war, C. zu entspannen, gab es eine entsprechende Entspannungsmp3.
Sie lernte sich trensen, satteln, putzen, führen und longieren zu lassen und wir übten Hufe geben. Freispringen lernte sie ebenfalls, auch wenn die Hindernisse noch sehr niedrig waren. Videoausschnitte zum Longieren und Freispringen findet Ihr in den Wochenberichten der dritten und vierten Woche.
Sich trensen und longieren lassen fiel ihr sehr schwer, dennoch konnte ich sie bereits am vierten Tag longieren, obwohl wir ohne Helfer arbeiteten und ich sie in einer ganz normalen Reithalle anlongierte. Am Ende der ersten Woche gelang Longieren mit und ohne Ausbinden sicher, auch wenn sie mit Haltung und Biegung noch erhebliche Probleme hatte. Am Anfang unserer Longierversuche hatte sie immer wieder die Idee, in eine andere Richtung zu laufen und sie war sehr ungehalten, wenn das Gebiss ihr dann unangenehme Gefühle im Maul bereitete. Die Kommandos „HALT“ und „BLEIB“ lernte sie kennen und verstehen. Von Tag zu Tag fiel ihr die Umsetzung leichter. Sie verstand, dass ein langgezogenes „FEIN“ ein Lob bedeutet und ein kurzes, scharfe „PFUI“ einen Tadel.
C. lernte auch, sich auf der Stallgasse angebunden in die eine oder andere Richtung drehen zu lassen, wenn jemand vorbei möchte oder sie fotografiert werden soll.
Sie lernte Spiegel, bunte Stangen, Cavaletti-Würfel und unterschiedliche Lichtverhältnisse in der Halle kennen. Ihre anfänglichen Probleme sich ausgebunden komplett steif zu machen, sich zu drehen, Kopf und Hals hochzureißen, den Rücken nach unten durchzubiegen und sich sägebockartig hinzustellen überwand sie im Laufe der ersten beiden Wochen.
Zwischenzeitlich bekam sie immer wieder Gelegenheit, frei zu laufen. Dabei präsentiert sie sich gerne und ihre Gänge sind ansprechend. Beim Freilaufen lernte sie, dass sie zu mir kommen soll, wenn ich sie rufe. Mit der Zeit gelang das immer besser und sie kam schließlich ganz zu mir um sich ihre Belohnung abzuholen.Einen Videoausschnitt hierzu findet Ihr im Bericht von der vierten Woche.
Beim Führen übte ich mit ihr Zügelführigkeit, Schenkelweichen, Hufschlagfiguren laufen im Schritt und im Trab, Rückwärtsrichten und Halten an der Hand. Ich trainierte mit ihr auch ihre beidseitige Verarbeitungskapazität, indem ich sie sowohl rechts als auch links neben ihr gehend führte. So lernte sie, die Informationen, die ihr Gehirn von ihrem rechten Auge erhält besser zu integrieren und ihre Aufmerksamkeit auch auf dieser Seite auf mich lenken zu können.
Da sie zu Beginn nichts davon konnte, ist davon auszugehen, dass mir ihr vorher tatsächlich noch nie gearbeitet wurde.
Hufauskratzen war die gesamten vier Wochen ein nicht zu meiner Zufriedenheit zu bewältigendes Thema. Am Anfang versuchte sie sich gegen mich zu werfen, wenn ich versuchte, einen Fuß hochzuheben, um dann, wenn ich einen Schritt zurücktrat, mir sofort das Hinterteil zuzudrehen. Darüber hinaus befürchtete sie in dieser Situation Schläge und war ganz erstaunt, als die ausblieben. Im Laufe unserer Versuche fand ich heraus, dass sie nicht verstanden hatte, dass sie ihr Gewicht auf die anderen Füße verlagern muss, wenn ich einen Huf hochnehmen möchte. So übten wir erst einmal die Gewichtsverlagerung auf die anderen Füße. Im Laufe der vierten Woche war es dann möglich, die beiden Vorderhufe auszukratzen. Um C.in die Lage zu versetzen auch ihre Hinterhufe zu geben, sind weitere Übungen erforderlich.
Mit Hilfe der Doppellonge lernte sie sich im Rahmen ihrer momentanen Möglichkeiten zu stellen und zu biegen. Auf der rechten Hand fiel ihr das sehr schwer. Sie lernte auch, zum Halten durchzuparieren, dann einfach stehen zu bleiben und erst wieder anzutreten, wenn ich es von ihr verlangte. Weiterhin übten wir an der Doppellonge die Hand zu wechseln, ohne anzuhalten.
Beim Longieren wurde sie immer sicherer und verstand, dass sie ihren Kopf ausgebunden weder hoch tragen noch hochreißen kann und es gelangen ihr hin und wieder ein paar ordentliche Galoppsprünge und schließlich konnte sie mehrere Runden galoppieren. Auf der linken Hand sprang sie beim ersten Versuchen meistens im Außen- oder Kreuzgalopp an. Das Ein- und Ausschnallen von Hilfszügeln sowie das Anlegen der Doppellonge strapaziert ihre Geduld schon arg, aber insgesamt ging das alles schon ganz gut.
C. verstand, dass sie sich auch im Falle von äußeren Störfaktoren auf mich zu konzentrieren hat. Anfangs schnaubte sie unbekannte Hindernisse oder Geräte an. Wenn ich ihr ein wenig Zeit gab, sich damit zu arrangieren, folgte sie mir problemlos. Wir konnten am letzten Wochenende unserer gemeinsamen Arbeit sogar einen weitgehend entspannten Spaziergang machen und dabei über eine schwingende, eigentümliche Geräusche machende Betonbrücke, die über einen kleinen Fluss führt gehen (hin und zurück). Ebneso konnte ich C. an diesem Wochenende schon problemlos draußen longieren.
Auch als sie rossig war arbeitete sie ordentlich mit.
C. lernte kennen, sich mit einem Rotlichtmassagegerät massieren zu lassen, was sie nach anfänglicher Skepsis genoss.
C. hatte einen Termin beim Schmied und sie war ganz brav und entspannt mit ihrer Tiefenentspannungsmp3. Es gelang dem Schmied sogar, sie dazu zu bewegen, ihr einen Huf zu geben. C. wollte ihn ihm aber nicht lange lassen. Mit Sedierung (per Spritze) verlief das Ausschneiden der Hufe dann problemlos und unsere Arbeit wurde dadurch nicht beeinträchtigt, auch nicht durch einen Tag Arbeitspause.
Das Reiten gelang nicht. C. ließ die Reiterin aufsteigen, machte ein paar Schritte und wurde zum rasch reiterlosen Rodeo-Pferd. Ihre Bocksprünge, die vermutlich schmerzmotiviert sind, beendete sie erste nach ca. 50 m.
Das Verladen nach den vier Wochen gestaltete sich erfreulich problemlos. C. ging nach ein bisschen Nachhelfen mit der Longe und motivierenden Worten problemlos auf den Hänger und stand während der 270 km langen Fahrt weitestgehend ruhig dort, sogar während einer kleinen Kaffeepause. Auch im Zielstall angekommen verhielt sie sich freundlich und ließ sich sogar von einem 12-jährigen Jungen durch die Stallgasse führen.
Hier noch ein Ausblickfoto:
C. beobachtet drei Reiter beim Start eines Ausritts, ob sie sich wohl überlegt, ob sie auch einmal mit von der Partie sein will? Wer weiß, vielleicht klappte es ja eines Tages.
Wir sind jedenfalls alle gespannt, wie C’s weitere Entwicklung verlaufen wird.
Fazit: Die Arbeit mit dem mobilen Pferdeflüsterer ermöglicht es, jedes Pferd, also auch ein Problempferd, schneller und stressfreier für Pferd und Trainer auszubilden. Die Grenzen des mPfF liegen da, wo gesundheitliche oder anatomische Probleme Grenzen setzen. Bei leichten Unpässlichkeiten bzw. Schmerzen, kann er noch helfen, aber wenn der Schmerz so stark ist, dass die Panik beginnt, ist ein Punkt erreicht, an dem der mPfF auch keine Hilfe mehr sein kann. Das ist beruhigend, denn so können gesundheitliche Probleme nicht übergangen werden.
Der erreichte Ausbildungsstand blieb auch beim Wechsel in einen anderen Stall und neuen Bezugspersonen erhalten wie in entsprechenden Beiträgen nachzulesen ist.
Weitere Informationen über die Zusammenarbeit mit diesem Pferd findest Du unter:
Der mobile Pferdeflüsterer im Spezialtest Projekt C erste Woche
Der mobile Pferdeflüsterer im Spezialtest Projekt C. 2. Woche
Der mobile Pferdeflüsterer im Spezialtest Projekt C. dritte Woche
Der mobile Pferdeflüsterer im Spezialtest Projekt C. vierte Woche
erste Woche in Düren (Ankunft am 4. März)
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Cornelia Lausmann
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